Ein freundlicher Gruß an alle,
als ich im Board dieses Forum entdeckt habe, dachte ich mir als erstes: "Schön, dass wir nie gröbere Probleme hatten, sieht man vom leeren Treibstofftank bei Verdun und vom in den Schotter eingegrabenen Wohnmobil an der Somme-Mündung ab." Doch dann tauchte aus meiner Erinnerung eine längst verjährte Urlaubsfahrt auf...
Nachdem meine Eltern mit uns drei Kindern im Jahr 1979 einen tollen Urlaub im Wohnmobil in den USA verbracht hatten, meinte unser in Vancouver in Canada lebender Onkel, dass er ein solches Motorhome (wie in Nordamerika das Wohnmobil eigentlich heißt) viel günstiger vor Ort beschaffen könne.
1986 war es dann wieder so weit: Wir wollten abermals Onkel und Tante in Canada besuchen und von da aus mit dem Motorhome in die USA fahren. Unser Onkel reservierte für uns bei U-Haul, einem großen nordamerikanischen Vermieter von Transportfahrzeugen, Anhängern, Anhängevorrichtungen usw. ein Motorhome. Da es nach seinen Aussagen sehr groß war, sollte damit nicht nur die fünfköpfige Familie sondern auch die Freundin meines Bruders darin Platz finden.
Unser Onkel hatte das das Gefährt, einen 10 m langen Chevrolet, bereits geholt. Der erste Eindruck war: abgewohnt. Der Teppichboden müffelte, alles wirkte ein wenig schmuddelig. Also machten wir uns ans Werk und putzten noch einmal gründlich, ehe wir unseren Krimskrams verstauten – und dann ging es ab in die USA.
Irgendwie schien es, als wollte die Motorklimaanlage nicht ganz funktionieren. Da es recht warm war und eines unserer Ziele das noch wärmere Kalifornien sein sollte, beschlossen wir etwas dagegen zu tun und suchten eine Werkstätte auf. Nun hatten wir das Motorhome bei U-Haul Canada gemietet. Diese Firma hatte jedoch einen Vertrag mit U-Haul USA, nach dem alle Reparaturen für uns ohne Kosten durchgeführt werden sollten. In der Tat war die Ursache für die fehlende Kühlleistung des Fahrzeugs bald gefunden: Die Abdeckung, die den Fahrzeuginnenraum vom Motorraum abtrennte, lag nur locker auf und die heiße Luft blies so stark da her, dass die Klimaanlage keine Chance mehr hatte.
Wir waren froh, dass das Problem gelöst war. Als wir an einem der nächsten Tage morgens auf dem Campingplatz zur Entsorgungsstelle fuhren, um das Abwasser und den Inhalt des Fäkaltanks abzulassen, entdeckten wir, dass wir eine nasse Spur hinter uns herzogen. Irgendwo musste was undicht sein…
Bakersfield war unser nächstes Ziel, nicht weil dort die Reiseführer mit tollen Sehenswürdigkeiten locken, sondern weil es dort eine U-Haul-Werkstatt gab. Wir brachten dort morgens unser Problem vor und man machte sich auf die Fehlersuche. Alles schien dicht zu sein. Doch dann meinte mein Bruder Roland, dass das Problem ja nur bei ganz vollem Abwassertank aufgetreten sei. Also wurde der Tank bis oben hin gefüllt, dann angefahren und abgebremst und siehe da, die Spur war auch wieder da. Abgreifen der Teile führte zu einer Leckstelle ganz oben am Tank. Dieser wurde in der Folge ausgebaut und auf der Oberseite zeigte sich entlang einer Kante über die ganze Länge ein Riss. Der Tank war nicht lagernd, sollte aber am Folgetag da sein. Aber da war ein anderes Problem: Beim Ausbau des Wassertanks hatte man entdeckt, dass die inneren der Zwillingsreifen völlig abgefahren und glatt. Man ließ uns keinen Meter fahren, ehe nicht neue Reifen beschafft und montiert waren.
An dieser Stelle versicherte man uns, dass man uns bereits ein neues Fahrzeug gegeben hätte, wäre „unseres“ nicht in den Canada sondern in den USA angemietet worden.
Spätabends machten wir uns auf den Weg zum Campingplatz, um am nächsten Morgen wieder in „unserer“ Werkstatt aufzukreuzen. Wie alte Bekannte wurden wir empfangen und wie tags zuvor durften wir wieder unser Motorhome über ein Verlängerungskabel an das Stromnetz anschließen, um bei mehr als 40 °C Außentemperatur in den Genuss der Klimaanlage zu kommen. Dass der Stecker im Laufe des Vormittags so heiß wurde, dass er aus der Steckdose schmolz, geht wohl nicht auf Kosten von U-Haul. Der gelieferte Abwassertank war etwas kleiner als das Original und musste in mühsamer Handarbeit eingepasst werden.
Am Ende des Tages hatten wir einen neuen Tank und freuten uns auf eine problemlose Weiterreise.
Am nächsten Tag ging es bei großer Hitze in Richtung Las Vegas. Wer die Strecke kennt, weiß, dass die Interstate (Autobahn) hier schnurgerade bergauf führt, wobei die Steigungen ganz ansehnlich sind. Bei der mehr als ausreichenden Motorisierung nordamerikanischer Fahrzeuge spielt dies allerdings keine Rolle. Wir waren alle in den Anblick der kargen und wüstenähnlichen Landschaft vertieft, als es plötzlich ein deutliches und allzu eindeutiges Geräusch gab: Motoraussetzer. Immer wieder kam der, der Wechsel in niedrigere Gänge brachte nur kurzzeitig Besserung. Hatten wir schlechten Treibstoff im Tank? An der nächsten Tankstelle wurde voll getankt und atemberaubender Benzingestank verbreitete sich im Fahrzeug. Was war den das?
Kurzfristig waren die Motoraussetzer weg und dann kamen sie wieder und wurden immer mehr. Immer langsamer wurden wir, passierten die Abzweigung zum Death Valley und hatten die Warnung meiner – zugegeben überaus ängstlichen – Tante im Ohr: „In der Wüste dürft ihr keinesfalls stehen bleiben. Da treiben sich Gangs herum, die die Autofahrer überfallen.“ Plötzlich war der Motor ganz weg, mein Vater konnte das Gefährt nicht einmal mehr ganz auf den Pannenstreifen lenken. Ich stand sofort auf und wollte die Pannenstelle absichern, als Roland und ich bemerkten, dass hinter uns ein Sheriff stehen geblieben war. Nichts war mit den Gangs! Der Sheriff meinte, er würde uns auf den Berg zu einer Werkstatt hinaufschieben und prüfte mit einem kräftigen Tritt gegen unsere Stoßstange, of die wohl für diesen Zweck geeignet war. Dann schob er uns – Stoßstange an Stoßstange – 5 Meilen, also etwa 8 km, auf die Passhöhe. Dort meinte der Mechaniker, dass das Problem wohl ein verstopftes Treibstofffilter wäre, das er uns – diesmal auf unsere Rechnung – tauschte.
Den Abend Verbrachten unsere Techniker (Vater und Brüder) mit Grübeln über die Ursache dieser Motoraussetzer. Sie kamen zum Schluss, dass eventuell der Auspuff leck sein könnte. Die heißen Auspuffgase könnten ja eventuell auf die Benzinleitung blasen und dort den Benzin bereits verdampfen lassen, wodurch der Vergaser nicht mehr genug bekäme. Bei kaltem Motor bzw. kühleren Außentemperaturen wäre das dann nicht oder weniger oft der Fall.
Der nächste Tag ging fast ohne Aufregungen vorbei, sieht man davon ab, dass plötzlich weißer Rauch im Fahrzeug stand…
Abends nahmen wir das Angebot von U-Haul in Anspruch, dass zum Wochenende auch im Notfall Mechaniker auf den Campingplatz kämen. Er sollte sich den Auspuff einmal ansehen. Der gute Mann kam und kroch unter das Auto. „Wissen Sie, dass es hier nach Propangas richt?“, fragte er. Wir wussten das nicht, da der penetrante Benzingestank ständig in unseren Nasen stand. Zufällig hatten wir allerdings gerade an jenem Abend auf dem Gasherd gekocht, ohne den Gas-Haupthahn aufzudrehen.
Der Mechaniker konnte nichts für uns direkt tun, setzte sich allerdings mit der nächsten U-Haul-Werkstatt in Verbindung und bat uns, am nächsten Morgen hinzufahren.
Ein unwilliger Arbeitnehmer war dort zugegen (es war der Einzige von dieser Sorte auf der ganzen Fahrt). Nachdem wir unser Problem geschildert hatten, meinte er nur patzig: „Da drüben über die Straße ist ein Spengler. Heute ist Sonntag. Fahren Sie morgen zum Spengler.“ Wir beschimpften und beredeten den Kerl so lange unter Androhung des Gangs zu Gericht (das wirkte!), bis er sich doch bequemte, einem Arbeiter die Sache zu übertragen, der dann eine Manschette auf den Auspuff machte.
Die Rückfahrt nach Vancouver verlief dann ruhiger, sieht man vom Benzingestank ab. Entweder blies nun wirklich weniger Auspuffgas auf die Benzinleitung oder es lag daran, dass die Außentemperaturen deutlich niedriger wurden – die Motoraussetzer blieben aus.
Bei den Verwandten in Vancouver wieder angekommen entdeckten wir, dass der eine der beiden Auspuffe löchrig wie ein Emmentaler Käse war. Dass der Feuerlöscher aus der Verankerung gebrochen war und der Tempomat nur zeitweise funktionierte, waren fast nur läppische Kleinigkeiten.
Wir bekamen von der Firma ein Viertel des Mietvertrags zurück und erfuhren dann später von unserem Onkel, dass der Teil Motorhomevermietung der Firma U-Haul einen Monat nach unserer Rückkehr in Konkurs gegangen war. Auf unseren nächsten Reisen mit Mietfahrzeugen prüften wir diese vor der Übernahme auf Herz und Nieren und hatten nie mehr Probleme. Überdies hatten wir viele nette und äußerst hilfsbereite Menschen bei unseren 12(!) gezählten Werkstattbesuchen kennen gelernt und mein Wortschatz in technischen Belangen hatte sich ungeheuer erweitert, da ich auf unseren Reisen die gesamte Kommunikation nach außen mache.
Mit besten Grüßen an alle,
Uli